H-Gas-Umstellung: Mit den Projektleitern vor Ort im Gebiet der Rhein-Sieg Netz/Westerwald-Netz

Foto: Rhein-Sieg-Netz GmbH

Seit 2015 beschäftigt die Erdgasumstellung zahlreiche Gaskunden und Netzbetreiber in Deutschland. Insgesamt sind ca. 4,5 Millionen Haushalte in Deutschland von der sogenannten Marktraumumstellung (MRU) betroffen. Dabei wird die Gasversorgung von L-Gas auf H-Gas umgestellt. H-Gas aus Russland oder Norwegen hat einen deutlich höheren Brennwert als L-Gas, das bisher in den Niederlanden gefördert wurde. Aufgrund dieses höheren Brennwertes ist bei den allermeisten Geräten eine technische Anpassung vor Ort erforderlich, die von Fachkräften vorbereitet und durchgeführt werden muss – wie etwa bei der Rhein-Sieg Netz GmbH bzw. Westerwald-Netz GmbH.

2021 erstmalig 500.000 Geräte deutschlandweit umgestellt

Julia Schade ist MRU-Projektleiterin bei der Rhein-Sieg Netz/Westerwald Netz, deren gesamtes Netz voraussichtlich noch bis Ende 2022 auf H-Gas umgestellt wird. Dies geschieht in einzelnen Abschnitten. „Hätten wir in Deutschland fünf Millionen Monteure, die gleichzeitig in allen Haushalten arbeiten könnten, wäre die Umstellung, abgesehen von der dahinterliegenden Ersatzteillogistik und der gesamten Organisation, wohl schnell durchgeführt. Dem ist aber nicht so. Der gesamte Prozess der Umstellung wurde daher auf einen Zeitraum von über 15 Jahren gestreckt“, berichtet die Projektleiterin. Die hierzu benötigten Fachkräfte mussten zunächst aufgebaut werden und die Anzahl der jährlichen Umstellungen wurde allmählich erhöht: 2021 werden erstmalig deutschlandweit über 500.000 Geräte umgestellt. Im Netzgebiet der Rhein-Sieg Netz/Westerwald-Netz haben die Umstellbezirke eine Größe von bis zu 20.000 Geräten, in der Spitze sind dazu bis zu 50 Monteure im Einsatz.

Kaum Rückstand im Zeitplan trotz Pandemie

„Eine besondere Herausforderung für die Monteure ist die Vielzahl der verschiedenen Gerätetypen, die es anzupassen gilt“, sagt Ralf Presse, strategischer Projektleiter der ESK GmbH, dem Technischen Projektmanagement der Rhein-Sieg-Netz für die Marktraumumstellung. „Damit der über viele Jahre aufgebaute, heterogene Gerätebestand so weit wie möglich auf die neue Gasqualität angepasst werden kann, ist ein großes und umfangreiches Wissen jedes einzelnen Monteurs notwendig.“

Weitere Herausforderungen sind die Erreichbarkeit der Kunden in Zeiten von knappen Monteurkapazitäten, eine große Anzahl von anzupassenden Geräten sowie das Arbeiten unter Pandemiebedingungen. „Keine Frage: Ohne die Corona-Pandemie würde die Gas-Umstellung wohl einfacher vonstattengehen“, ist sich Julia Schade sicher. „Insgesamt versuchen alle Beteiligten, die Auswirkungen auf den Umstellungsprozess möglichst gering zu halten.“

Während der ersten Welle, als es in vielen Projekten zu vergleichbaren Problemen kam, war die Branche in einem Krisenmodus. Netzbetreiber und Verbände arbeiteten eng zusammen und suchten nach Lösungen.

Was verschoben oder pausiert werden konnte, wurde umgesetzt, in anderen Fällen musste weitergearbeitet werden. Ein deutschlandweiter Stopp war technisch nicht möglich, daher wurde auf Sicht weiter umgestellt. Der Zeitplan geriet 2020 aber nur geringfügig in Rückstand. „Ein tolles Ergebnis, das dank der engen Abstimmung zwischen den Beteiligten, des Einsatzes der eingesetzten Dienstleister und des großen Verständnisses der Kunden erzielt wurde“, meint Julia Schade.

Unsicherheit, aber auch Verständnis beim Kunden

Ralf Presse berichtet, dass viele Kunden den Monteuren während der ersten Corona-Welle aus Unsicherheit den Zutritt verweigerten. Dies führte dazu, dass etwa 20 bis 40 Prozent der Termine nicht wie geplant stattfinden konnten. „Erfreulicherweise hatte sich diese erste Phase der Unsicherheit schon nach ein paar Wochen gelegt, sodass wir ab Mai 2020 wieder einigermaßen normale Verhältnisse hatten und erstaunlich problemlos die Arbeiten im nächsten Bezirk aufnehmen konnten.“ Die Kunden zeigten im Allgemeinen Verständnis dafür, dass die Marktraumumstellung nicht pausieren konnte. „Heute liegt die Quote der wegen Corona abgesagten oder nicht erfolgten Termine bei unter einem Prozent“, sagt Presse.

Bestmögliche Unterstützung der Kunden bei der technischen Anpassung

Auch die Quote der nicht anpassbaren Geräte ist im Gebiet der Rhein-Sieg Netz /Westerwald-Netz mit durchschnittlich 1,5 Prozent sehr gering. Sie schwankt zudem von Bezirk zu Bezirk aufgrund der sich stetig ändernden Materialverfügbarkeit bei den Herstellern und des Alters der vorgefundenen Gerätelandschaft. Alle betroffenen Kunden werden von der Rhein-Sieg Netz/Westerwald Netz schriftlich informiert.

Die Geräte, die seitens der Hersteller aus technischen Gründen nicht angepasst werden dürfen und unter H-Gas ihre Zulassung verlieren würden, werden entweder ersatzlos demontiert oder ausgetauscht.

Ansonsten erhält jeder Kunde die Möglichkeit, sein Gerät durch ein bei einem Netzbetreiber eingetragenes Vertragsinstallationsunternehmen seiner Wahl anpassen zu lassen. „Immerhin ist dies bei etwa einem Drittel aller betroffenen Kunden noch möglich, weil z. B. manche Ersatzteile, die offiziell nicht mehr zu beschaffen sind, noch in den Lagern der Installateure oder beim Kunden selbst vorliegen“, weiß Ralf Presse.

Julia Schade ergänzt: „Während des ganzen Prozesses wird der Kunde telefonisch durch unser Gasbüro beraten. Unser Ziel ist es, alle Kunden bestmöglich zu unterstützen, sodass alle Geräte, die technisch anpassbar sind, auch angepasst werden.“

Foto: Rhein-Sieg-Netz GmbH

Dankbare Kunden dank pragmatischer Lösungen

Von Zeit zu Zeit konnten die Monteure auf unkomplizierte Nachbarschaftshilfe zurückgreifen: „Unsere Mitarbeiter freut es immer sehr, wenn Nachbarn aktiv unterstützen und uns ansprechen, wenn jemand nicht zu Hause ist. In nicht seltenen Fällen haben diese sogar ein Schlüssel zu der Wohnung und sind bevollmächtigt die Wohnung mit uns zu betreten, damit der Monteur nicht ohne Ergebnis wieder fahren muss. Dies trägt aktiv zu einem Gelingen der Marktraumumstellung bei, besonders in Zeiten von knappen Monteurskapazitäten“, sagt Projektleiter Presse.

Sein Zwischenfazit fällt daher auch positiv aus: „Bedingt durch die Vorab-Informationen über die Marktraumumstellung und den Umgang mit der Corona-Pandemie ist der bisher weitaus größte Teil der Erhebungen und Anpassungen von den Kunden positiv aufgenommen worden. Viele weitergehende Fragen der Kunden oder auch die nicht vermeidbaren Terminverschiebungen werden zeitnah durch das Call Center und das Gasbüro abgewickelt. Hier äußern sich die Kunden positiv und bedanken sich für eine schnelle bzw. pragmatische Lösungsfindung.“ Vor allem die im Projekt eingeführten Schutzmaßnahmen für Monteure in der Pandemiezeit wurden positiv von den Kunden angenommen.

Das bestätigt auch Julia Schade: „Insgesamt ist der weit überwiegende Anteil der Kunden sehr kooperativ und verständnisvoll und in Summe auch zufrieden mit den vor Ort durchgeführten Arbeiten.“